Gänsehautmomente
Mit 16 Jahren habe ich meinen ersten richtigen Auftritt. Ich bin in der Theater-AG. Bei der Schultheaterwoche dürfen wir unser Stück Mannomann in den Lübecker Kammerspielen aufführen. Es gibt einen Requisiteur, einen Beleuchter und einen Menschen, der hinter der Bühne alles koordiniert. Ich lerne, dieser Mensch heißt Inspizient. So ist das also bei den Profis.
Schon bei der Probe spüre ich ein unglaubliches Kribbeln: 200 Sitzplätze; und die werden heute Abend bis auf den letzten Platz gefüllt sein. Dann geht der Vorhang auf und die Vorstellung beginnt … nur fliegen kann noch schöner sein. Nach der Vorstellung sitze ich völlig geflasht beim Italiener. Mir wird klar: Ich muss auf die Bühne!
Vom Handicap zum Markenzeichen
Erste Station: Schauspielschule in München. Ziemlich schnell bekam ich massive Stimmprobleme, wurde sehr oft heiser.
Berufsgefährdend für jemanden, der mit seiner Stimme arbeiten will. Sehr, sehr viel Stimmbildung (insgesamt 10 Jahre) half mir, mit meiner Stimme besser umzugehen und so wurde aus dem Handikap ein Markenzeichen: Meine Stimme wurde unverwechselbar und damit sehr attraktiv fürs Radio. Weit über 500 Hörspiele und Hörbücher sind inzwischen mit meiner Mitwirkung entstanden.
Das Fernsehen – eine neue Welt
1992 begann meine Karriere im Fernsehen. Zwei Jahre „Sonntag & Partner“ an der Seite von Christian Quadflieg. Meine Rolle wurde erfreulicherweise von Folge zu Folge immer größer, quasi von der Sättigungsbeilage zum Juniorsteak.
Danach bekam ich viele Angebote: Tatort, Polizeiruf 110, Episodenrollen in vielen Serien, mehrere Kinofilme und die Titelrolle im Actionthriller „Operation Noah“. Immer waren es skurrile Charaktere, ich durfte pingelige Amtsschimmel, bedrohliche Bombenleger, fanatische Nazi und gebrochene Intellektuelle spielen.
Ab 2000 spielte ich in „Ritas Welt“ den fiesen Supermarkt-Chef von Gaby Köster. Der Erfolg dieser Serie hat uns alle überrascht: Mit bis zu 6,5 Mio. Zuschauern waren wir zeitweilig die dritterfolgreichste Sendung im deutschen Fernsehen. Und mit dem Grimme Preis, dem deutschen Fernsehpreis und dem deutschen Comedy-Preis haben wir so ziemlich alles abgeräumt, was mit diesem Format zu holen war. Gänsehaut-Energie.
Wie? Ich? Trainer?
2005 fragte mich ein Trainerkollege, ob ich sein sehr gut gebuchtes Seminar „Die Peperoni-Strategie“ übernehmen wolle: „Du kannst das!“, sagte er zu mir. Entsetzt lehnte ich ab: „Manager bespaßen – das brauche ich so nötig wie Kopfschmerzen!“
Nur seiner Hartnäckigkeit ist es zu verdanken, dass ich dann doch zusagte, mir das einmal anzuschauen. Und ich war vom Anfang an fasziniert. Die gleichen Menschen, die im Flieger neben mir auf mich so verschlossen gewirkt hatten: („Guck mich nicht an, sprich mich nicht an, ich bin wichtig.“), erlebte ich im Seminar ganz anders: Aufgeschlossen, neugierig, bereit, etwas zu riskieren und Neues zu entdecken.
Trainings geben? – Ja, ich will!
Mit klopfendem Herzen sagte ich ein Probeseminar zu – und erkannte, dass ich für diese Tätigkeit 20 Jahre lang gelernt hatte ohne es zu wissen. Gänsehaut pur. Und der Grundstein für ein völlig neues Berufsfeld. Das Feedback war verblüffend positiv und so machte ich weiter. Bis jetzt durfte ich mehr als 500 Seminartage geben. Und bin nach wie vor von der Möglichkeit beglückt, Menschen bei den entscheidenden Fragen im Leben zu begleiten.
Und jetzt wieder auf die Bühne. Aber anders.
Keynotes und Impulsvorträge zu meinen Seminar-Themen Ausstrahlung, Wandel, Führung, emotionale Intelligenz und Durchsetzungsstärke kamen 2010 hinzu. Seitdem kann ich mein Potential voll entfalten. Der Schauspieler und der Coach in mir laufen zur Hochform auf und haben eine gute Zeit miteinander.
Was für ein großes Glück und Geschenk, dass ich gleich drei Berufsfelder im Laufe meines Lebens entdecken durfte, die mich erfüllen und für die ich brenne. Den Speaker, den Schauspieler und den Trainer. Mehr Gänsehaut geht eigentlich nicht.